Wissensmanagement im Systems-Engineering – Ein Leitfaden für Systemingenieure

Grundlagen und Herkunft

Wissensmanagement bezeichnet den systematischen Prozess, durch den Organisationen ihr implizites und explizites Wissen erfassen, speichern, teilen und nutzen, um ihre Ziele effektiv zu erreichen. Die Wurzeln des Wissensmanagements reichen bis in die 1980er Jahre zurück, als Unternehmen begannen, den Wert ihres intellektuellen Kapitals zu erkennen. Seitdem hat sich das Wissensmanagement zu einem wichtigen Bereich entwickelt, der verschiedene Disziplinen wie Informatik, Betriebswirtschaftslehre, Psychologie und Organisationsentwicklung umfasst.

Hintergründe

In der Systemtechnik ist das Wissensmanagement von besonderer Bedeutung, da Systeme oft komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Komponenten und Stakeholdern umfassen. Ein effektives Wissensmanagement ermöglicht es Systemingenieuren, relevantes Wissen über die Anforderungen, Designentscheidungen, Implementierungen und Betriebsabläufe eines Systems zu erfassen und zu nutzen. Dadurch können Fehler vermieden, Innovationen gefördert und die Gesamteffizienz verbessert werden.

Im Wissensmanagement sind drei Aspekte besonders zu betrachten. Zunächst ist da die Organisation, in der das Wissen existiert und für die das Wissensmanagement aufgebaut wird. Dann ist der Mensch zu betrachten, der als Wissensträger im Unternehmen als Quelle zu betrachten ist, um neben den Informationen auch die Verknüfungen zum Kontext in dem die Informationen vorliegen und verwendet werden, herstellen kann. Zu guter Letzt muss die Technik einbezogen werden. Sie ist notwendig, um das explizierte Wissen zu dokumentieren und für andere abrufbar zu machen.

Strategien bei der Umsetzung von Wissensmanagement

Die erfolgreiche Umsetzung von Wissensmanagement im Unternehmen erfordert eine ganzheitliche Strategie, die sowohl technologische als auch kulturelle Aspekte berücksichtigt. Zu den Schlüsselelementen einer solchen Strategie gehören:

– Führung und Unterstützung von oben: Eine klare Unterstützung und Beteiligung des Top-Managements ist entscheidend, um die Bedeutung von Wissensmanagement innerhalb der Organisation zu betonen und Zeiten dafür bereitzustellen.

– Kultureller Wandel: Es ist wichtig, eine Kultur des Teilens, Lernens und Zusammenarbeitens zu fördern, in der Mitarbeiter motiviert sind, ihr Wissen zu teilen und von anderen zu lernen.

– Technologische Infrastruktur: Die Bereitstellung von geeigneten Technologien und Plattformen zur Erfassung, Speicherung und Verteilung von Wissen erleichtert den Wissensaustausch und fördert die Zusammenarbeit.

– Kontinuierliche Verbesserung: Wissensmanagement ist ein iterativer Prozess, der kontinuierlich überprüft und verbessert werden muss, um den sich ändernden Anforderungen und Technologien gerecht zu werden.

Eine Strategie zu entwickeln, wie Wissensmanagement im Unternehmen angewendet werden soll, ist eine der ersten Tätigkeiten und sollte in einem Strategiepapier festgehalten werden.

Mehr Wissen

In meinem Podcast habe ich eine Expertin zum Thema interviewt. Elena Schüßler-Roggenhofer ist Trainerin und Autorin und erstellt Inhalte für das Digitale Lernen. Sie hat Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und gibt im Interview Einblicke in die Welt des Wissensmanagements.

Operatives Wissensmanagement

Das Operative Wissensmanagement bezieht sich auf die konkreten Maßnahmen und Prozesse, die zur Umsetzung der Wissensmanagementstrategie innerhalb einer Organisation erforderlich sind. Dazu gehören:

– Wissensidentifikation und -erfassung: Durch Interviews, Umfragen, Workshops und andere Methoden können relevante Informationen und Know-how identifiziert und dokumentiert werden.

– Wissensspeicherung und -organisation: Das erfasste Wissen sollte in geeigneten Repositories strukturiert und organisiert werden, um einen einfachen Zugriff und eine effiziente Nutzung zu ermöglichen.

– Wissensverteilung und -austausch: Durch Schulungen, Mentoring, Communities of Practice und andere Mechanismen kann das Wissen innerhalb der Organisation geteilt und verbreitet werden.

– Wissensbewertung und -anwendung: Es ist wichtig, die Qualität und Relevanz des vorhandenen Wissens zu bewerten und sicherzustellen, dass es in relevanten Projekten und Entscheidungsprozessen angewendet wird.

Sind diese Schritte gemacht, kann davon ausgegangen werden, dass Wissen erfasst und dokumentiert wird und für alle relevanten Mitarbeitenden der Organisation zur Verfügung steht.

Um den Nutzen aus den zuvor genannten Tätigkeiten zu ziehen, muss das Wissen angewendet werden.

„Erfolg besteht nicht darin, keine Fehler zu machen, sondern darin, den gleichen Fehler kein zweites Mal zu machen.“  George Bernard Shaw

Sinnvolle Methoden

Es gibt verschiedene Methoden und Ansätze, die bei der Umsetzung von Wissensmanagement in der Systemtechnik hilfreich sein können. Dazu gehören:

– Lessons Learned: Die systematische Erfassung und Analyse von Erfahrungen aus abgeschlossenen Projekten kann dazu beitragen, wiederkehrende Fehler zu vermeiden und bewährte Praktiken zu identifizieren. Diese Methodikt wird gerne in Entwicklungsprojekten genutzt, um das Wissen von einem Projekt auf das nächste zu übertragen.

– Knowledge Mapping: Die Erstellung von Wissenslandkarten kann dabei helfen, die relevanten Wissensbereiche und -quellen innerhalb einer Organisation zu identifizieren und zu visualisieren.

– Peer Assists: Durch Peer-Assists-Meetings können Teams von erfahrenen Kollegen Feedback und Unterstützung bei der Lösung von Problemen und der Entwicklung neuer Ideen erhalten. In der Software-Entwicklung wird dazu u.U. die Methode des Pair-Programming genutzt.

– Storytelling: Das Erzählen von Geschichten und Fallbeispielen kann dazu beitragen, komplexe Sachverhalte zu veranschaulichen und das Teilen von Erfahrungen und Best Practices zu fördern.

Werkzeuge zur Unterstützung

Eine Vielzahl von Werkzeugen und Technologien steht zur Verfügung, um das Wissensmanagement in der Systemtechnik zu unterstützen. Dazu gehören:

– Wissensmanagementplattformen: Plattformen wie Wikis, Content-Management-Systeme und Enterprise Social Networks ermöglichen es Mitarbeitern, ihr Wissen zu dokumentieren, zu teilen und zu diskutieren.

– Kollaborationswerkzeuge: Tools wie virtuelle Besprechungen, Instant Messaging und gemeinsame Dokumentenbearbeitung erleichtern die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch über geografische und organisatorische Grenzen hinweg.

– Such- und Retrieval-Tools: Suchmaschinen und Knowledge-Management-Systeme helfen dabei, relevantes Wissen schnell zu finden und aufzurufen, wenn es benötigt wird.

– Analyse- und Auswertungstools: Tools zur Analyse von Daten und Metriken können dabei helfen, die Effektivität des Wissensmanagements zu messen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.

Welche von diesen Werkzeugen im Unternehmen zum Einsatz kommt hängt von den Zielen ab, die die Strategie des Wissensmanagement vorgegeben hat. So kann ein vorhandes Netzlaufwerk zunächst ein Anfang sein, um dann die gesammelten Daten in ein anderes Werkzeug zu übertragen, weil dies neue Ziele besser bedienen kann.

Wie starten?

Für Systemingenieure, die mit dem Aufbau eines Wissensmanagementsystems beginnen möchten, sind hier einige Schritte, die sie beachten sollten:

  1. Analyse des aktuellen Zustands: Untersuchen Sie die vorhandenen Wissensmanagementpraktiken und identifizieren Sie Stärken, Schwächen und Verbesserungsbereiche.
  2. Definition von Zielen und Anforderungen: Legen Sie klare Ziele und Anforderungen für das Wissensmanagement fest, die mit den organisatorischen Zielen und Bedürfnissen übereinstimmen.
  3. Auswahl geeigneter Werkzeuge und Methoden: Identifizieren Sie die am besten geeigneten Werkzeuge und Methoden für die Umsetzung des Wissensmanagements basierend auf den definierten Zielen und Anforderungen.
  4. Pilotprojekt durchführen: Starten Sie mit einem Pilotprojekt, um die ausgewählten Werkzeuge und Methoden in einem begrenzten Umfang zu testen und Erfahrungen zu sammeln.
  5. Feedback einholen und iterieren: Sammeln Sie kontinuierlich Feedback von den beteiligten Mitarbeitern und Stakeholdern und passen Sie das Wissensmanagementsystem entsprechend an.

Fazit

In der Systemtechnik ist ein effektives Wissensmanagement entscheidend für den Erfolg von Projekten und Organisationen. Durch die systematische Erfassung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Wissen können Fehler vermieden, Innovationen gefördert und die Gesamteffizienz verbessert werden. Durch die Umsetzung einer ganzheitlichen Strategie, die geeigneten Methoden, Werkzeuge und Technologien umfasst, können Systemingenieure einen echten Mehrwert schaffen und ihre Organisationen erfolgreich in die Zukunft führen.