Bild zu Lastenheft und agile Methoden

Tolle Kombination: Lastenhefte und agile Methoden

Viele Projektleiter sind verunsichert, wenn sie ein Lastenheft mit ihren agilen Methoden bzw. Scrum vereinen sollen. Ist ein Lastenheft wirklich noch sinnvoll, wenn sich unsere Anforderungen ständig verändern? Wenn wir als Systemingenieure für das Erstellen eines Lastenheftes für ein komplexes System zwei bis sechs Monate brauchen, gibt es dann eine Möglichkeit, dabei agil vorzugehen? Und passt ein Lastenheft eigentlich mit Scrum zusammen?

Die Vorteile agiler Lastenhefte

Zunächst möchte ich eines vorwegnehmen: Ein Projekt ohne Lastenheft ist mit hoher Sicherheit zum Scheitern verurteilt. Das ist meine Erfahrung aus über 10 Jahren als Troubleshooter in der Automobilentwicklung.

Erst als ich mit den Teams begonnen habe, ein Lastenheft zu erstellen, ist allen klar geworden, was wirklich vom Auftraggeber gewünscht wurde. Dabei war es in allen Projekten und Unternehmen irrelevant, ob die Projekte klassisch oder agil verliefen und über Scrum gesteuert wurden. Das spricht eigentlich bereits für sich: Ja, du kannst bei der Erstellung eines Lastenheftes agil vorgehen!

Wenn über längere Zeit an einem Lastenheft gearbeitet wird, ist es sogar sehr sinnvoll, agile Methoden einzusetzen. Dadurch erhöht sich die Reife des Lastenheftes und oft sind die Teams auch deutlich schneller.

Ich selbst liebe es, mit agilen Methoden bei der Erstellung eines Lastenheftes zu arbeiten. Es spricht absolut nichts dagegen, sie einzusetzen. Ich nutze dazu folgende Methoden:

  • Sprints: Ich arbeite mit den Teams in Sprints von ein oder zwei Wochen.
  • Kanban: Wir nutzen ein gemeinsames Board und steuern die Aufgaben.
  • Design Pattern: Ich bringe meine Templates und Vorlagen mit in das Projekt.

 

Lastenhefte und Scrum? Unbedingt!

Das Lastenheft beschreibt das „Wünsch-Dir-Was“ des Auftraggebers, also der Person, die für das Projekt den Kunden darstellt. Das kann ein externer Kunde sein oder deine Marketing- und Produktmanagementabteilung. Diese Kunden bzw. Abteilungen bringen in einem Lastenheft ihre Wünsche nach bestem Wissen und Gewissen auf einen aktuellen Stand.

Aus meiner Sicht macht es dabei keinen Unterschied, wenn du Scrum als Management-Methode in deinem Projekt einsetzt – Scrum und Lastenhefte lassen sich sehr gut vereinbaren! Es ist also eher nebensächlich, ob dein Projekt klassisch oder über Scrum gesteuert wird: Beide Formen der Projektsteuerung profitieren von der Existenz eines Lastenheftes. Im Grunde handelt es sich hierbei nur um unterschiedliche Formen, ein Projekt umzusetzen.

Ziel eines Lastenheftes ist es, eine Basis für die Diskussion der Anforderungen zu liefern. Wenn dein Projekt beispielsweise mit Scrum gesteuert wird, ist das Lastenheft eine hervorragende Basis für das Produkt Backlog. Denn dort werden die oft sehr grob beschriebenen Anforderungen aus dem Lastenheft in die Storys übertragen und weiter diskutiert. Wenn dein Projekt Scrum einsetzt, ist also ein Lastenheft von deinem Auftraggeber sehr wertvoll.

1 Kommentar
  1. Joachim Reinke
    Joachim Reinke sagte:

    Ich kann dem Artikel hier nur absolut zustimmen.

    Auch in meiner Erfahrung gibt es absolut keine Widersprüche zwischen der Verwendung agiler Projektmethoden und einem Lastenheft.

    Es gibt einen Aspekt, den ich ab und an erlebe, der das Potential hat, Reibung zu erzeugen.

    Manche Projektstakeholder neigen dazu, einem Projekt nur dann ihr Placet zu geben, wenn es ein Dokument gibt, in dem bereits minutiös drinsteht, was das Produkt in 5 Jahren genau können muss. Ich ordne diese Projektstakeholder immer in die Schublade „Lieber 100 Sachen nicht falsch machen als eine richtig“.

    Die kommen nur schwer klar, wenn man mit einem Lastenheft ankommt, zu dem man dazu sagt „Die Dinge, die in den kommenden 6 Monaten passieren werden, sind fix, alles danach kann sich noch ändern.“

    Dass auch ein klassisches Lastenheft nichts ist, das man unbedenklich in Stein meißeln könnte, sondern auch nur ein Produkt-Backlog, der dem derzeitigen Erkenntnisstand entspricht und von einem 5 Jahre dauernden Sprint ausgeht, ist diesen Stakeholdern egal.

    Das klassische Lastenheft strahlt einfach eine Sicherheit aus („Schau hier, da steht alles drin, was wir für die kommenden 5 Jahre wissen müssen. Wir überlassen nichts dem Zufall. Jetzt müssen wir es nur noch umsetzen.“), die manch einer benötigt, um sein OK zu geben. Dass diese Sicherheit nicht gerechtfertigt ist, weil niemand die Zukunft vorhersagen kann, wird da gerne mal übersehen.

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