Prozess-Reviews

In diesem Beitrag möchte ich Prozess-Reviews beschreiben. Dieser Review-Typ bzw. das Audit ist für das gesamte Entwicklungsprojekt entscheidend.

Das Prozess- oder Reifegrad-Review weist die Entwicklungsreife eines Projekts nach. Dabei geht es nicht mehr um den Inhalt der Ergebnisse, sondern um den Nachweis der zu erbringenden Arbeitsergebnisse, also zum Beispiel Spezifikationen, Planungsdokumente, Testdurchführungen etc. Als Basis dienen hier meist Prozessreifegradmodelle wie z.B. SPICE oder CMI.

Anforderungen mit Experten im Vorfeld klären

Ich habe schon diverse, gerade SPICE-bezogene Audits in Projekten mitgemacht und kann das dringend empfehlen. Als Erstes zu klären, welche Anforderungen wirklich relevant sind, kann Dir eine ganze Menge Vorarbeit sparen. Wenn Du weißt, was für einen Fokus Du in einem Assessment setzen möchtest, bereite dies entsprechend gut vor.

Immer wieder machen sich Personen an ein Assessment, die das entweder nicht gewohnt sind oder aber diese Aufgabe als unangenehm betrachten. Zudem scheuen gerade Fachspezialisten diese Situationen. Für Dich bedeutet das, diese Leute gut vorzubereiten und ihnen zu erklären, dass Assessments nun mal nach gewissen Spielregeln ablaufen.

Enorm hilfreich sind hierbei auch Simulationen solcher Gespräche. Such also einen Software-Qualitäter oder jemanden im Unternehmen, der zum Thema SPICE und Assessment etwas Professionelles sagen kann und Erfahrung damit hat.

Ein weiterer Pluspunkt bei diesem Vorgehen ist, dass solche SPICE-Experten in der Regel Checklisten oder ähnliche Formalien haben, mit denen man vieles im Vorfeld prüfen kann. Im Prinzip sind diese Checklisten nichts anderes als das, was die Assessoren später auch nutzen werden.

Du kannst die Kollegen also einfach einladen und sagen, „Wir setzen uns in einer kleinen Runde zusammen, die zu vielen Themen etwas sagen kann, und gehen das gemeinsam durch. So können wir im Vorfeld schauen, wo Lücken sind und wo wir uns noch vorbereiten sollten – ohne das ganze Entwicklungsteam damit behelligen zu müssen.“

Das Prozess-Review und die Produktqualität

Die Ergebnisse eines Prozess-Reviews sagen in der Regel nichts über die Produktqualität aus. Dies zu wissen und im Hinterkopf zu behalten, ist enorm wichtig.

Das Prozess-Review zielt einzig und allein darauf ab, zu erkennen, ob Du einen Reifegrad bezogen auf einen definierten Prozess gemacht hast. Das heißt, je nach Komplexität, je nach Einstufung des Projektes, je nach Projektvereinbarung und Verhandlungsinhalt beim Start des Projektes wird festgelegt, welchen Reifegrad Du erreichen musst.

Bei SPICE ist es meistens zunächst Level drei – und wird dann auf Level zwei runterverhandelt. Ich habe auch schon Projekte erlebt, die mit Level eins auditiert wurden. Das sagt aber noch gar nichts über ihre Produktqualität aus.

Hierzu gibt es eine sehr gute Studie von Tom DeMarco. Rein theoretisch müsste der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen davon abhängen, in welchem SPICE-Level die Firmen assessiert sind.

Das macht Sinn: Wer von uns würde nicht lieber mit einem SPICE-Level fünf oder CMI-Level entsprechend zertifizierten Unternehmen arbeiten? Da weiß man, was herauskommt.

Das Spannende an seiner Studie war jedoch, dass es keinen wirtschaftlichen Unterschied gibt zwischen Unternehmen, die SPICE-Level null haben, und denen, die SPICE-Level fünf besitzen.

Aber genau das ist eigentlich die Herausforderung bei SPICE: Es sagt eben nicht, mit welchen Methoden Du diesen Level erreichst. DeMarco hat Firmen gefunden, gerade im asiatischen Raum, die Level fünf zertifiziert und somit sehr gut gestellt waren. Doch gerade diese haben am Ende alles mit Papier und Stift gemacht. Ob das für ein Projekt wirklich effizient ist, lassen wir dahingestellt.

Keine Angst vor Assessments!

Nach langer Erfahrung in Troubleshooting-Projekten kann ich das nur bestätigen. Die Assessoren sind auch nur Menschen – und in der Regel sehr erfahrene Ingenieure. Sie haben also früher selbst in Projekten mitgearbeitet und verstehen durchaus, in welchen Situationen man da steckt.

Zumindest gute Assessoren sind in der Lage, ganz schnell die Finger in die Wunde zu legen. Aber das heißt noch lange nicht, dass mein Projekt damit gestorben ist. Das Ergebnis so eines Assessments ist in der Regel eine einfache Liste, die beinhaltet, was noch gemacht werden muss, um gewisse Reifegradergebnisse zu produzieren.

Ganz wichtig im Kontext zum Beispiel des SPICE-Assessments: Man kriegt hierbei vieles sehr gut erklärt. Und wenn man irgendetwas nicht liefern oder zeigen kann – weil man sich im Vorfeld bewusst dagegen entschieden hat –, sehen das die Assessoren vielleicht nicht so gerne, sind aber bei entsprechenden Erklärungen durchaus verständnisvoll. Also, keine Angst vor Assessments.